Das andere Links
Eine Geschichte von Barbara
Zum Ausgleich für ihren fordernden Job liebt Barbara es zu musizieren. Seit einiger Zeit spielt sie in einem transkulturellen Ensemble*. Von Akkordeon über Posaune bis Kniegeige sind Instrumente verschiedenster Herkunftskulturen vertreten. Das Ganze ist sehr experimentell, klanglich herausfordernd und spannend. Die Sprache wechselt von deutsch, englisch, türkisch und persisch, irgendwie klappt’s!
Aber einmal hat das Zusammenspiel gar nicht geklappt. Immer und immer wieder machten die Musiker*innen bei der Probe nicht das, was der Dirigent von ihnen verlangte. Seltsam, unerklärlich… Mittlerweile waren alle schon leicht angenervt.
Dann aber kam dem musikalischen Leiter die Erleuchtung!!
Was war passiert? In einem Musikstück sind die Takte durchnummeriert, immer in Fünfer-Schritten, also Takt 5, Takt 10, Takt 15 usw. Die Musiker*innen sollten ab Takt 8 einsetzen. Nun stammt der Leiter aus dem Iran und er war in seine alte Gewohnheit gefallen und hatte die Takte schlichtweg von rechts nach links abgezählt. Die mehrheitlich hier aufgewachsenen oder lange hier lebenden Musiker*innen hatten wie gewohnt von links nach rechts die Takte abgezählt. Und da passten die Einsätze natürlich nicht zusammen.
So banal die kurze Episode klingen mag – und es ging ja auch „nur“ um Musik – so zeigt sie, wie frühe kulturelle Prägungen auch nach Jahren immer wieder „aufploppen“ können und Verwirrung auf allen Seiten stiften können. Da hilft nur Geduld, Humor und Toleranz. Und vielleicht ist eine Kakophonie ja auch mal spannend – aus dem Chaos ist bekanntlich auch schon einiges ganz Wunderbares entstanden.